In einem einzigen Kopf kann so unfassbar viel los sein. Es grenzt an Wahnsinn. Um dem kompletten Irrsinn zu entkommen und mich nicht eines Tages komplett in Wolkenkuckucksheim zu verlieren, dürfen die Gedanken jetzt raus. Also, Bitteschön: Willkommen in meinem Kopf. Von Maike Endresz, Foto: Ulla Kühnle Ja. Nein. Vielleicht. (Ich kreuze GAR NIX an) 4 7 . r N x i n a H »Wer die Wahl hat, hat die Qual.« Wie oft hab ich das schon gehört. Auch als Kind, wenn ich mich nicht entscheiden konnte, welches Pralinchen ich aus der mir ange- botenen Schachtel nehmen sollte und quasi eine Wissenschaft draus gemacht hab. Oma begutachtete mich dann, leicht kopfschüt- telnd und seufzte: »Ach Maike, kannst du dich denn nie entscheiden?« Nee, kann ich nicht. Neben Loslassen gehört Entscheidungen zu treffen zu meinen größten Herausforderungen. Ich seh sie grad alle grinsen, die mich kennen, so ein halb liebevolles, halb gequältes, schiefes Grinsen. Jeder meiner Herzmenschen kann mindestens eine (sehr lange) Geschichte davon erzählen, wie ich bin, wenn ich die Wahl hab. „Woher soll ich denn jetzt schon wissen, was ich heut Abend essen will...?« ist einer meiner Standart-Sätze. Und überhaupt. Entscheiden... Da wird lang hin und her überlegt, kurz entschieden, dann verworfen, nochmal neu nachgedacht, hinterfragt, dis- kutiert, lamentiert, in die Länge gezogen, abgewägt. Und nach der endlich getroffenen Wahl: gezweifelt. Und zwar viel. »Hätte ich vielleicht doch...« Um mich herum genervtes Augenrollen (ihr müsst übrigens auch alle echt mal aufpassen, dass die nicht irgend- wann so stehen bleiben!). Ich spreche hier nicht (nur) von großen Entscheidungen. Es geht eben auch um die Essensauswahl, die Farbe der Streifen des neuen Shirts oder halt um die angebotene Praline. Oma hat mir die Schachtel dann irgendwann nicht mehr hingehalten, wegen Armübermüdung, sondern einfach abgestellt und mich für die nächste halbe Stunde meinen inneren Selbstgesprächen überlassen. So wünschen sich das wohl viele andere auch, die während meiner Entscheidungs- phasen neben mir ausharren müssen. Der (sehr arme) Mann meines Herzens muss so einiges durchmachen: »Schläfst du schon? Ich hab da nochmal überlegt... Du weißt schon, wegen... was denkst Du, was ich machen soll?...Hallo??« Scheint anstrengend geworden zu sein, denn irgendwann schlug er mir, wohl als subtil-erzieherische Maßnahme, vor, to- tal spontan zu sein und den kleinen lila Mini-Grill, den ich so hübsch fand, einfach zu kaufen. Einfach so, Zack-Batsch. Ich fühlte mich sehr verwegen, aufgeregt und abenteuerlich. Und: der Grill ist so richtig kacke und dient jetzt als Blumentopf. Ha. Funktioniert also nicht. Ausser manchmal, wenn es um wirklich langlebige Entscheidungen geht, wie zum Beispiel ein Tattoo, dann klappt das. Die sind so ziemlich alle innerhalb von Sekun- den entschieden gewesen. Ziemlich glorre- ich, wo die doch für immer sind. Aber da geht es auch um Verfall, das ist was anderes. Wohl ist es oft so, dass die Wahl zu haben, eine Qual sein kann. Es gäbe ja auch dieses Sprichwort nicht, wenn ich damit ganz al- lein wär. zu entscheiden. Ich kann mich für und gegen Menschen entscheiden, FÜR mehr Haustiere, Stadt oder Land, Rad oder Auto, Hose oder Kleid, Sneaker oder... äh, Nichts. Noch muss ich Es gibt aber ja auch so unfassbar viel auch für meine Ableger Entscheidungen treffen, mühsam, SEHR mühsam. Wir können uns, in der grauen Theorie, auch raussuchen, wie wir leben wollen, ob in Freude oder Verdruss, Hell oder Dunkel, Liebe oder Leere. Da mag jetzt manch einer sagen, dass das Quatsch ist, aber ich meine es so, habe ich doch viel Zeit im Trüben ver- bracht, oft gelitten und viel ertragen. Und, eigentlich viel zu spät, entschieden, dass das ein Ende haben muss. Das ging nicht mal eben so, das war und ist viel harte Ar- beit. Aber meine Entscheidung ist gefallen, unwiderruflich: ich will das so nicht mehr. Nicht mehr im Dunkeln sein. Ich will innere Sonne, das Leben genießen, die Schönheit des Lebens, lachen und lieben und Herrin über meine Ängste sein. Und ich stelle fest: ich habe die Wahl! Vielleicht nicht immer und nicht in jeder Sekunde, aber ich kann immer wieder zurück kommen, dorthin, wo ich sein will und in den Zustand, in dem ich mich wohler, lebendiger fühle. Ich muss dafür immer wieder loslassen (was ich ja auch noch übe), den Schmerz, die Pein, die Erinnerungen, die ausgedien- ten Glaubenssätze, muss dafür im JETZT bleiben, aber: das kann ich entscheiden und niemand anders tut das für mich. Es ist gut, das zu wissen und gleichzeitig nervt es, denn somit kann ich die Verantwortung nicht mehr abgeben, niemand anderem die Schuld geben für Trübsinnigkeit, Ohnmacht und Angst. Denn ja, das alles mag seinen Ursprung woanders haben, aber es ist alt und ausgedient, längst vergangen und nicht meine aktuelle Lebenssituation. Und wäre 30 KOPFKINO