Abenteuer um die Ecke, Hanix 73: Kräuter- und Baumwanderung

Abenteuer um die Ecke, Hanix 73: Kräuter- und Baumwanderung

Text: Maike Endresz
Foto: Ulla Kühnle

Was kostet nicht viel, lässt sich innerhalb eines Tages in der Region erledigen und bringt im besten Fall auch noch Spaß? In jeder Ausgabe begeben wir uns auf die Suche nach ebensolchen Aktivitäten, die man in der Heilbronner Region erleben kann. Ein Abenteuer um die Ecke eben. Diesmal: Eine Kräuter- und Baumwanderung.

»Ene, mene Bingelkraut, wo Sonne einen Kringel baut, Hokus, Pokus grün und pur, wir wollen raus, in die Natur! Hex Hex!«

So habe ich mich eingestimmt, auf meine Kräuterwanderung. Es ist ein Tag mit »Wetter wie Speck«, wie meine Mama gesagt hätte, als wir, sehr regelkonform, nach Lauffen ins Naturschutzgebiet fahren, um eine wunderbare Kräuterfrau mit dem klangvollen Nachnamen »Himmelreich« zu treffen. Wunderschön von innen wie außen, und irgendwie wie eine Elfe, nimmt Karin uns mit auf eine unfassbar herrliche und wissenstriefende Reise durch Flora und Fauna. Mal vorab: wie kann ein Mensch so viel umfangreiches, in alle möglichen Bereiche gehendes Wissen mit sich herumtragen, ohne dabei das Atmen zu vergessen? Ich werde hier nur einen Bruchteil des neu Gelernten (und glücklicherweise Mitgeschriebenen) an euch weitergeben können. Aus Platz- und Atmungsgründen.
In diesem Schutzgebiet am Prallhang im Neckarufer findet sich eine Vielzahl seltener und für diesen Bereich besonders bemerkenswerter Pflanzenarten, außerdem Tiere wie Eisvögel, Bilche und supergiftige, vom Aussterben bedrohte, schwarzblaue Ölkäfer. Letztere sind auch an uns vorbei gekrabbelt.
Karin, die die Kräuterhexen-Gabe (Hexe soll ich aber eigentlich nicht sagen, sondern Kräuterfrau, aber ich mag halt Hexen so) von ihrer Oma und weitergehendes Interesse von ihrem Wünschelrutengänger-Papa mitbekam, hat die geerbte Intuition noch wissenschaftlich mit einer Ausbildung zur Kräuterpädagogin fundiert. Hexerei oder nicht, uns (Fotografin Ulla, meine liebe Freundin Simone und mich) verzaubert sie von Anfang an.

Zuerst lernen wir, dass die Zapfen der Erle immer zum Sturmmond aufgehen um ihre Samen zu verstreuen und ihre Gerbstoffe ein tolles Anti-Algen-Mittel sind - also gleich welche einpackt für meinen grünverschmierten Teich.
Wir sehen Spuren von Wildschweinen, die offensichtlich die Wurzeln des giftigen Aronstabs ausgegraben haben und fragen uns, warum. Mein Bruder, seines Zeichens Doktor für Wildschweinforschung, orakelt anschließend per whatsapp, dass sie wahrscheinlich die Energie aus der Stärke suchen. Abschließend geklärt ist es aber nicht, vielleicht hat es auch was mit Wurmbefall zu tun. Wie auch immer - die Landschaft ist atemberaubend, wirklich. Wir wandern entlang der Sümpfe der Traurigkeit, in denen Atréju in der »Unendlichen Geschichte« seinen Schimmel Artax verloren hat (das war natürlich nicht in echt hier in Lauffen, aber es erinnert mich daran). Auf der anderen Seite verwunschenes Land, dort bildet die Clematis, auch Frauenhaar, Waldstrick oder Hexenzwirn genannt, ihre Flechtwerke und weitläufigen Lianen, so dass auch Tarzan vor meinem geistigen Auge mit wehendem Lendenschurz vorbei schwingt. Karin juchzt laut auf, als wir eine, dank der Ulmensplintkäfer von der Ausrottung bedrohte Ulme sehen, erfahren, dass wir nicht so viel über Girsch in unseren Gärten schimpfen sollen, da es gegen Gicht hilft, so wie wir die Saponine aus dem stark wuchernden Efeu als Waschmittel toll nutzen können. In Gedanken an meinen Garten mache ich einen Haken an Waschmitteleinkäufe bis zum Ende meines Lebens. Check. Wohl können Winzer sich auch am Efeu orientieren: sobald der blüht, sind auch die Trauben reif zur Ernte …

Zum Seitenanfang