Gesellschaft, Hanix 73: Schifffahrt ohne Kohle. Neckar als Zukunft Heilbronns

Gesellschaft, Hanix 73: Schifffahrt ohne Kohle. Neckar als Zukunft Heilbronns

Interview: Hanix
Foto: Hochschule Heilbronn

Hanix sprach mit Prof. Dr. Tobias Bernecker, Forschungsprofessor und Leiter des Kompetenzzentrums LOGWERT an der Hochschule Heilbronn, über die Zukunft der »Stadt am Fluss«. Welche Rolle spielt der Fluss, der im BUGA-Gelände als Naherholungsgebiet inszeniert ist, für Heilbronn als Industriestadt. Immerhin zählt der Binnenhafen zu den größten der Republik.

Hanix: Welche Bedeutung hat der Neckar für Heilbronn?

Tobias Bernecker: Eine sehr große. Wir erleben derzeit die Wiederentdeckung eines Flusses in der Stadt, der lange Zeit kaum mehr wahrgenommen wurde. Da ist zunächst die Entwicklung der Mobilitätsregion Heilbronn. In ihr haben der Neckar und der Hafen inzwischen einen festen Platz. Im Hafen Heilbronn findet dabei nicht nur Schifffahrt statt, dort befindet sich auch ein zweiter großer Verkehrsträger: über mehr als zwanzig Kilometer Gleise versenden und empfangen ungefähr 25 Unternehmen regelmäßig umweltfreundlich ihre Waren. Salz und Kohle sind da nur die beiden bedeutendsten Güter. Der Hafen ist für Heilbronn damit auch Bindeglied zwischen Stadt und Land. Im Hafen findet ganz viel statt, was unmittelbar in das Umland wirkt, egal, ob es das Kraftwerk ist, das aus dem Hafen heraus mit Fernwärme und Elektrizität Stadt und Umland versorgt, oder ob das die Salzwerke sind, ohne die im Winter auf den Straßen in der Region gar nichts ginge. Was viele auch nicht wissen: Heilbronn ist in Baden-Württemberg mit Abstand der wichtigste Schwergutumschlagplatz. Alles, was irgendwo zwischen Augsburg, Friedrichshafen, Heidenheim an übergroßen Gütern produziert wird, seien es Schiffsmotoren, seien es Turbinen für die Wasserkraft: ohne den Hafen Heilbronn würde es das alles nicht geben. Hier ist das zentrale Scharnier, um die Güter für den Transport zum Kunden auf die Wasserstraße zu bringen.

Inwieweit existiert diese Wasserstraße parallel zu Heilbronn? Oder wirkt sie auch in die Stadt selbst hinein?

Die Neckarschifffahrt würde es ohne Heilbronn nicht geben und Heilbronn hätte ohne den Neckar, ohne die Schifffahrt, nicht die Bedeutung, die es heute hat. Natürlich wird auf dem Rhein insgesamt mehr transportiert als auf dem Neckar, und auch die europäische Ost-West-Achse, die es für die Schifffahrt gibt, führt nicht über den Neckar sondern über den Main, den Main-Donau-Kanal und dann die Donau bis zum Schwarzen Meer. Aber was die Anbindung der Industrieregionen im Herzen Baden-Württembergs an die Seehäfen betrifft, an Rotterdam und Antwerpen, da sind Heilbronn und der Neckar mittendrin.

Andererseits wird der Neckar in der Stadt als Naherholungsgebiert inszeniert. Ist das nicht ein Widerspruch zu dem, was Sie eben geschildert haben?

Hier ist wichtig festzuhalten, was die Binnenwasserstraßen, die Flüsse von Straßen, von Schienenwegen und von anderen Verkehrsbauwerken wie beispielsweise einem Flughafen unterscheidet: Die Wasserstraße ist immer mehreres gleichzeitig: Sie ist Verkehrsweg. Die Kanalisierung des Neckars ist für die Anlieger aber auch ein ganz wichtiger Baustein des Hochwasserschutzes. Gewässer sind zudem Naherholungsgebiete. Sie sind Naturraum. Sie dienen der Sicherung der Trinkwasserversorgung und des Grundwasserspiegels. Ich glaube, diese Vielfalt macht die ganze Geschichte so spannend. Bei den Wasserstraßen gilt: Ergänzung der Nutzungen statt Konkurrenz …

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